Du musst die Dunkelheit treten,
bis Licht aus ihr fließt.
Jonathan Carroll in: Laute Träume, S. 109
Das Buch Laute Träume las ich gerade zum dritten Mal und wieder fällt mir dieser Satz heraus.
Stelle fest, dass ich ihn schon in meiner Sätzesammlung habe.
Meine Sätzesammlung - voller toller Gedanken, die ich so nicht hatte oder formulieren konnte oder die mich einst berührten oder eben noch immer anfassen.
Sie macht mich zufrieden.
Meine Sätzesammlung ist auch ein Leistungsnachweis, so : „Na bitte, durch so viel Bücher hab ich mich gefuttert!“
Und ein Angeberding. Sollen doch andere wissen, wie schlau ich les.
Und mit den Sätzen klaue ich mir auch ein wenig Weisheit von den Autoren.
Hm!
Außerdem stelle ich die guten Sätze Euch natürlich gerne zur Verfügung.
Echt großzügig, das soll jede/r lesen dürfen, was ich aus Büchern, die mir gefallen rausgelesen habe.
Nett.
Über meine Eitelkeit gestolpert bin ich durch einen Artikel des Volksverpetzers (www.volksverpetzer.de), der über den Streit um eine politische Karikatur berichtete. Laschet im Bilduniversum von sheepsworld,
wie der alles links findet. Sheepsworld, das sind die, die Schafe sehr lieb haben und mit Cartoons von Schafen sehr viel Geld verdienen und wo ein Chef von denen, rechts eigenartige
Dinge twitterte.
Der Künstler verwendete beim Karikieren Markenbestandteile dieser bekannten Cartoonfabrik, und wurde dafür abgemahnt. Letztlich ging es darum, ob und wie man zitieren darf um etwas Neues auszudrücken.
Der Volksverpetzer ist stark im Belegen und ich las ein bischen in seinen Links rum.
Auweia! Ich entdeckte, was gar nicht geht, sind Zitate als Website Deko. Zitate einfach nur draufschreiben - geht gar nicht.
Abschreiben ist, wenn der Weisheitsschenkende noch nicht siebzig Jahre tot ist, nur mit Genehmigung der Erben und/oder Rechteinhaber (oft Konzerne ) des ursprünglichen Weisheitsbesitzers erlaubt.
Mist. Ich finde kluge Gedanken hier auf Mär fürs Ohr echt super!
Und dann sind es ja auch noch von mir so nebenbei gesammelte/geklaute Gedanken.
Okay, jetzt habe ich es verstanden.
Aber die Sätze sind soo wichtig für mich. Und?
Wenn ich sie natürlich verwende um einen größeren Zusammenhang zu betrachten? Dann darf ich sie zitieren, meine Held*innen, meine Gött*innen der Autor*innen. Und die sogenannte Schöpfungshöhe ist
gar nicht so schwer zu erreichen. Dann darf ich zitieren, die Sätze wirken lassen,
- weil ich nämlich selber denke.
Ist gar nicht so schwer.
Ich entdecke jetzt, dass ich meine Held*innen dann nicht bestehle und mißbrauche, viel eher würdige und mich mit ihnen und ihrem Wirken auseinandersetze. Ist viel angemessener und fruchtbarer.
Zugegeben, es ist anstrengend aus dem Betrachter- und Ausbeutermodus raus zu kommen.
Man müht sich, aus dem Dunkel der fremden Gedanken, die immerhin in mir Resonanz fanden, sonst hätte ich sie nicht gefunden, vom Fühlen ins Denken zu gelangen, Erkenntnis und Verstehen zu
gewinnen.
Du musst die Dunkelheit treten, bis Licht aus ihr fließt.
AH!